Volkshochschule (VHS) Burgenland: leistbares, lebenslanges Lernen

Dr. Christine Teuschler hat über 30 Jahre bei den Burgenländischen Volkshochschulen (VHS) gewirkt und die meiste Zeit davon als Geschäftsführerin deren Entwicklung begleitet und geprägt. Im Februar 2023 übergab sie die Geschäftsführung an ihre Nachfolgerin Mag. Ursula Foki, um in der Folge gemeinsam mit Dr. Elisabeth Deinhofer den Vorstandsvorsitz der VHS zu übernehmen. SCHNAPPEN.AT traf sich mit Dr. Teuschler und Mag. Foki, um zurückzublicken aber auch um aktuelle Inhalte und Perspektiven der VHS Burgenland zu beleuchten.

Mehr über das Gespräch und über

  • die Volkshochschule: Rückblick und Zukunft - hier
  • die Geschäftsstellen der VHS - hier
  • Ansturm der KursteilnehmerInnen - hier
  • Flüchtlingswelle - hier
  • EU-Fördergelder & Politische Bildung - hier
  • VHS-Kurse: Nachfrage, Angebot & Online-Umstellung- hier
  • die VHS und den Ukraine-Krieg - hier
  • Geschäftsführerin, TrainerInnen & Work-Live-Balance - hier
  • die Zukunft der VHS Burgenland - hier

Aktuelle Themen der Burgenlaendischen Volkshochschule - hier

Fotos (c)/ Redaktion: Wilhelm Böhm

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Die Volkshochschule Burgenland: Rückblick & Zukunft

FokiUrsulaTeuschlerChristineFotoWilhelmBoehmSCHNAPPEN.AT: Wie sieht die Bilanz ihrer Zeit als Geschäftsführerin bei der VHS aus?

Christine Teuschler: Zum Zeitpunkt meines Einstieges 1991 hatte in der Institution der Übergang von der Ehrenamtlichkeit zur Hauptamtlichkeit begonnen, wobei es dann immer mehr zur einer Professionalisierung durch die Anstellung von hauptamtlichen pädagogischen Mitarbeiter/innen kam.  In meinen Anfangsjahren wurden auch die ersten Regionalstellen in Oberwart und danach in Halbturn, die später nach Frauenkirchen wechselte, sowie in Jennersdorf eingerichtet.

Ermöglicht wurde die Einrichtung dieser Regionalstellen vor allem nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahr 1995 mit den EU Ziel 1 Förderungen. Eine Zäsur, die für uns große Veränderungen bedeutete.

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Der zweite Bildungsweg

SCHNAPPEN.AT: Wie viele regionale VHS-Geschäftsstellen gibt es heute?

Christine Teuschler: Inzwischen haben wir mit Jennersdorf, Oberwart, Frauenkirchen und Eisenstadt vier VHS- Regionalstellen sowie mit Mattersburg und Güssing zwei Bezirksvolkshochschulen. Strukturell hat sich also in dieser langen Zeit viel geändert und inhaltlich standen von Anfang an die sprachliche Weiterbildung und der zweite Bildungsweg im Mittelpunkt.

Den zweiten Bildungsweg verkörpern die Bereiche Basisbildung und Nachholen des Pflichtschulabschlusses, aber auch ein Sensibilisierungsprojekt mit niederschwelligen Einstiegsangeboten in Lesen, Schreiben und Rechnen. Dabei war es wichtig, die Problemstellung des Analphabetismus zu thematisieren und allgemein bewusst zu machen, dass man Versäumtes im zweiten Bildungsweg nachholen kann.

SCHNAPPEN.AT: Zieht sich dieser inhaltliche Faden bis heute durch?

Christine Teuschler: Genau, und dazu bieten wir noch die Möglichkeit den Lehrabschluss nachzuholen, und zwar durch die  Anerkennung von in der Praxis erlernten fachlichen Fähigkeiten. Wenn ich also eine ungelernte Fachkraft mit beruflicher Erfahrung bin, kann ich mir diese Erfahrung anerkennen lassen und den Lehrabschluss nachholen. 

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Analphabetismus

SCHNAPPEN.AT: Wie groß war am Anfang der Ansturm der Kursteilnehmer/innen in diesen Bereichen?

Christine Teuschler: Ansturm ist einigermaßen übertrieben, vielmehr mussten wir intensive Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten. Zusätzlich hatten wir in europäischen Lern-partnerschaftsaustauschtreffen die Möglichkeit uns anzuschauen, wie das in anderen Ländern umgesetzt wird.

Gerade der Problembereich des Analphabetismus war zu dieser Zeit kein öffentliches Thema in Österreich und auch bei der Kompetenzfeststellung und Kompetenzanerkennung war man in anderen Ländern viel weiter. Dass jemand nicht Schreiben, Lesen und Rechnen konnte, wurde damals konsequent und aus Scham verschwiegen, wobei dieses Thema bis heute keinesfalls nur Migranten betrifft, sondern auch viele Österreicher/innen.

Analphabetismus zieht sich auch durch alle Bevölkerungsschichten, denn wir wissen mittlerweile, dass rund 900 000 Österreicher/innen Probleme mit Lesen, Schreiben und Rechnen haben. Anfang der 90iger Jahre war das alles weder beim AMS oder sonst wo Thema. Es galt also aufzuklären und Multiplikatoren zur Verbreitung des Themas zu finden.

Ursula Foki: Es ist dabei Analphabetismus so zu verstehen, dass die Menschen trotz etwas Vorwissen nicht sinnerfassend lesen können, was häufiger vorkommt, als man meinen würde. 

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Flüchltingswelle

2023UrsulaFokiChristineTeuschlerFotoWilhelmBoehmSCHNAPPEN.AT: Haben diesen Umstand die ständigen Flüchtlingswellen am Leben erhalten oder sogar verstärkt oder was sind die Gründe dafür?

Christine Teuschler: Nicht nur. Denn es betrifft auch Menschen, die unser Schulsystem durchlaufen haben und auch viele Betriebe weisen auf diesen Aspekt bei der Suche nach Lehrpersonal oder überhaupt ihrer Personalsuche hin. 

Ursula Foki: Erschwerend kommen jetzt auch noch die digitalen Kompetenzen zur Basisbildung dazu, weil es kaum mehr einen Beruf gibt, der nicht digitales Grundwissen erfordert. 

Christine Teuschler: Gründe dafür gibt es viele. Von der sozialen Frage bis hin zu langen Abwesenheiten in der Schule etwa aufgrund von Krankheiten. Lesen, Schreiben, Rechnen verlernt man wieder, wenn das Grundwissen dazu nicht gefestigt wird. 

Ursula Foki: Wenn ich es im Alltag nicht anwende und brauche, ist dieses Wissen schnell wieder weg. 

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EU-Fördergelder

SCHNAPPEN.AT: Haben die VHS von Beginn weg EU-Fördergelder erhalten?

Christine Teuschler: Ja, wir waren eine der ersten Institutionen, die von Beginn weg EU-Ziel 1-Fördermittel in Anspruch genommen hat. Wobei ich an dieser Stelle erwähnen möchte, dass man bei uns seit der VHS-Gründung die Matura im zweiten Bildungsweg nachholen kann. Damals gab es auch noch die Beamtenaufstiegsprüfung, zu der die AHS-Matura und dann noch die Berufsreifeprüfung dazu kamen. Der grundsätzliche Fokus war bei uns immer, Bildungsangebote für bildungsbenachteiligte Personen zu bieten. Davon ausgehend, sind wir auf die verschiedenen großen Problembereiche gestoßen. 

SCHNAPPEN.AT: Ist es heute noch immer so, dass Leute sich schämen, Analphabeten zu sein?

Ursula Foki: Ja schon. Wenn man aber nur ein Problem mit Rechnen hat, kann man das mit dem Hinweis, auf grundsätzliche Probleme mit Zahlen und Mathematik noch ganz gut vertuschen. Aber wer nicht lesen und schreiben kann, ist schambehaftet. 

Christine Teuschler: Daher war für uns Öffentlichkeitsarbeit ein Gebot der ersten Stunde, wobei die frühen Kampagnen mit Plakatserien und Veranstaltungen oder über die bis heute anhaltende Kooperation mit dem Dieselkino in Oberwart, wo immer einen Film zur Problemstellung gezeigt wird, angelaufen sind. Auf das Thema Analphabetismus machen wir seit 15 Jahren auch mit unserer Book Crossing Aktion anlässlich des Welt-Alphabetisierungstages aufmerksam, weil es einfach wichtig ist, einmal grundsätzlich zu informieren. Mittlerweile beschäftigen sich mit dem Thema auch andere Institutionen, wie etwa das AMS, aber auch Medien wie der ORF, der immer wieder Schwerpunkte dazu bringt. Auch die Politik setzt sich damit auseinander, indem mit der sogenannten 15 A Vereinbarung seit 2012 die Basisbildung für Erwachsene und der Pflichtschulabschluss flächendeckend österreichweit kostenlos angeboten werden. Finanziert wird das zu jeweils 50 Prozent vom Bund und den Ländern. 

VHS & Politische Bildung

SCHNAPPEN.AT: Welche Rolle spielt das Thema politische Bildung bei den Burgenländischen Volkshochschulen?

Christine Teuschler: Es ist das ein ganz wichtiger Bereich bei uns. Eigentlich bin ich über diese Schiene, die sich in den 90iger Jahren mittels Projekten stärker zu entwickeln begann, bei der VHS eingestiegen, wobei mir dieses Thema besonders am Herzen liegt. Ins Leben gerufen haben wir damals auch diverse Sprachprojekte mit unseren Nachbarländern, in denen wir voneinander die jeweiligen Sprachen lernten. Gestartet wurden aber auch schon Roma-Projekte und Projekte im Bereich ehemalige jüdische Gemeinden. All diese Themen begleiteten meinen Einstieg bei der VHS, wo dann aber bald die Geschäftsführung vakant wurde und ich diese übernommen habe. 

SCHNAPPEN.AT: In welchen Lokalitäten haben die VHS-Kurse damals stattgefunden?

Ursula Foki: Unter dem Motto - wir sind, wo Sie sind - wollten wir stets burgenlandweit präsent sein. Darum waren wir auch flexibel, was die gebotenen Räumlichkeiten in den Gemeinden betraf. Aber mittlerweile sind wir in 85 Gemeinden also rund 50% der burgenländischen Gemeinden fest verankert. Und wie bereits erwähnt, haben wir auch die Professionalisierung mit bezahlten Kursleitern und Kursleiterinnen nach und nach umgesetzt.

Vergessen darf man dabei nicht, dass wir auch drei Volksgruppen Volkshochschulen haben: Die Kroatische VHS mit Sitz in Eisenstadt, während die Ungarische und die Roma-VHS in Oberwart stationiert sind. Diese Volksgruppen VHSen sind ein Alleinstellungsmerkmal der burgenländischen Volkshochschulen für ganz Österreich.

SCHNAPPEN.AT: Gab es in der langen Zeit ihrer Geschäftsführung auch Phasen, in denen es eng wurde für die VHS?

Christine Teuschler: Davon gab es einige. Wir waren bei aller Erweiterung aber immer darauf bedacht, dass die Finanzen und vor allem die Qualität stimmen. Und dabei wurden nie Projekte, um der Projektewillen betrieben, sondern immer um Benachteiligten zu helfen. Zudem sollten es immer Projekte sein, die nachhaltig weitergeführt werden können. Das war schwierig, da Fördergelder oft sehr zögernd gekommen sind und es galt immer wieder diese Zeit irgendwie finanziell zu überbrücken. 

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Nachfrage nach VHS-Kursen

UrsulaFokiChristineTeuschlerFotoWilhelmBoehmSCHNAPPEN.AT: War die Nachfrage nach VHS-Kursen für diese Zielgruppe und im Bereich zweiter Bildungsweg nach den Startschwierigkeiten dann immer gegeben?

Christine Teuschler: Neben ständiger Öffentlichkeitsarbeit und Informationstätigkeit kommt uns zugute, dass wir der Bildungsdienstleister sind, der im Bereich zweiter Bildungsweg alles unter einem Dach anbietet. Vom Einstieg in Lernangebote zu Lesen, Schreiben und Rechnen über die Basisbildung und den Pflichtschulabschluss bis hin zur Matura und Lehrabschlüssen, kann man bei uns alles nachholen. Dem entsprechend, war dann auch immer die Nachfrage gegeben. 

Klassisches Kursangebot

SCHNAPPEN.AT: Das klassische Kursangebot wurde ja auch laufend erweitert. Wie geht es hier weiter? 

Ursula Foki: Der Spagat zwischen klassischer Volkshochschularbeit und diversen speziellen Projektarbeiten ist uns auch während der Corona-Zeit und in Zeiten der Teuerung gut gelungen. Wie weit sich aber alles weiterhin aufrechterhalten lässt, wird sich erst weisen. Vom Kursangebot sind wir fast wieder auf vor Corona-Niveau, wenngleich wir sehen, dass unsere Gruppen bei den Kursen kleiner werden. Mit andauernder Teuerung muss man abwarten und schauen, wie sich letztlich alles entwickelt. 

Corona & die Online-Umstellung

SCHNAPPEN.AT: Wie weit hat Corona bei euch eine Umstellung auf online bewirkt?

Ursula Foki: Auf die Kursraumschließungen in der Corona-Zeit mussten wir natürlich mit einem standardisierten Online-Angebot reagieren. Aber das kann nur ein Zusatzangebot sein. Da wir in den Gemeinden weiter vor Ort sind, werden die Präsenz-Kurse den Kundenwünschen entsprechend, immer unser Hauptbestandteil sein. 

Christine Teuschler: Ein Vorteil des Online-Lernens ist eindeutig beim Nachholen der Matura oder in jenen Sprachen gegeben, wo etwa die Personen übers Land verstreut am Kurs teilnehmen. Da können dann diese Kurse auch durchgeführt werden 

Ursula Foki: Der Bewegungs- oder Freizeitbereich funktioniert online aber weniger. Da sind die Leute schon lieber live dabei. Aber in irgendeiner Form werden wir das online-Angebot weiter aufrecht erhalten, insbesondere wo es für unsere Zielgruppen Sinn macht. Es ist ein gutes Zusatzangebot, das aber das herkömmliche Kurs- und Veranstaltungsangebot nicht ersetzen kann. Selbst beim Thema politische Bildung geht es schwer, weil uns immer der politische Diskurs und Austausch wichtig ist. Auch der direkte Austausch mit dem Referenten oder der Referentin ist bei online nicht gegeben. 

Christine Teuschler: Zusätzlich würde auch der soziale Faktor in der Gruppe fehlen. Denn es stellt sich schon die Frage, wie lernen wir? Lernen miteinander und voneinander geht am besten im Präsenzunterricht und im persönlichen Austausch. In manchen Bereichen ist aber auch ein Mischsystem zwischen Präsenz und online sinnvoll. 

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VHS & Ukraine-Krieg

SCHNAPPEN.AT: Wie weit beeinflusst der Krieg in der Ukraine den VHS Betrieb?

Ursula Foki: Mit Flüchtlingswellen mussten wir wie etwa beim Jugoslawienkrieg schon immer umgehen. Diesbezüglich bieten wir Deutschkurse aber nicht nur für Ukrainer/innen, sondern generell für Migranten/innen an, denn es soll ein gleichberechtigter Zugang sein, sofern es nicht einen speziellen Auftrag von offizieller Stelle für eine bestimmte Gruppe gibt. 

SCHNAPPEN.AT: Frau Mag. Foki, seit wann sind sie bei den VHS?

Ursula Foki: Ich bin seit 2002 dabei und habe schon in der Regionalschule Halbturn, später Frauenkirchen, begonnen. In die Entwicklung der großen Projekte war ich von Anfang involviert und 2019 übernahm ich die stellvertretende Funktion in der Geschäftsführung. Also knapp, bevor es mit Corona losging. Im Feber 2023 erfolgte dann die Übernahme der Geschäftsführung von Christine Teuschler. 

Christine Teuschler: Zur gleichen Zeit wechselte ich zusammen mit Elisabeth Deinhofer in den Vorstandsvorsitz der VHS. Diese Tätigkeit hatte zuvor Hans Spieß fast 40 Jahre lang und in den letzten Jahren gemeinsam mit Markus Prenner ausgeübt. 

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Übernahme Geschäftsführung

SCHNAPPEN.AT: Was hat sich für sie mit Übernahme der Geschäftsführung verändert?

Ursula Foki: Die Verantwortung allein zu tragen ist natürlich schon etwas anderes, aber ich werde von einem großartigen Team und von Christine und Elisabeth optimal unterstützt. Jetzt geht es darum, alles, was wir mit großem Einsatz, Wissen und Erfahrung geschaffen haben, nachhaltig abzusichern und gut weiterzuführen.  

SCHNAPPEN.AT: Wie geht es inhaltlich weiter?

Ursula Foki: Wir sehen weiter die Basisbildung mit Pflichtschulabschluss, die niederschwelligen Einstiegslernangebote, sowie die Kompetenzanerkennung und die VHS-Klassiker, aber auch das Nachholen der Matura und die Berufsreifeprüfung als Grundlage unserer Arbeit. Besonders möchte ich auch das Wirken der Unterrichtenden hervorheben, von denen es um die 350 pro Semester neben unseren rund 20 pädagogischen Mitarbeiter/innen, gibt. Ohne diese Personen vor Ort wären die Volkshochschulen nicht möglich. Natürlich agieren sie in unterschiedlicher Intensität, die von einmal in der Woche, bis täglich reicht. Diese Kursleiter/innen zu finden, wird für uns eine immer größere Herausforderung, weil es häufig nebenberuflich Tätige sind. Denn letztlich können wir nur Kurse anbieten, für die es auch Trainer/innen gibt. 

TrainerInnen

SCHNAPPEN.AT: Wie findet man diese Trainer/innen?

Ursula Foki: Es läuft viel über persönliche Kontakte und Mundpropaganda bzw. recherchieren wir, was es an fachlich geeigneten Personen zu einem Thema gibt, sei es an Schulen oder auch in anderen Bereichen. Auch auf unserer Homepage weisen wir auf den Bedarf hin. Früher war es gang und gäbe, dass Lehrer nebenbei einen VHS-Kurs leiteten, doch heute sind sie mit ihrer Haupttätigkeit so ausgelastet, dass es ihnen kaum mehr möglich ist, noch etwas anderes zu machen. Unser Appell richtet sich daher an Studierende knapp vor Studiumabschluss, zusätzlich bei uns aktiv zu werden. Aber auch agile Pensionisten und Pensionistinnen werden gerne als Kursleiter/innen gesehen. Für alle gilt, dass sie bei uns auf Honorarbasis arbeiten. 

Work-Life-Balance

SCHNAPPEN.AT: Wie weit ist die Work-Life-Balance junger Leute ein Problem für die VHS?

Ursula Foki: Auch dadurch wird es schwieriger junge Unterrichtende zu bekommen. Man sollte aber bedenken, ob es wirklich gut ist Arbeit und Leben so getrennt gegenüberzustellen. Demnach hätte Arbeit nichts mit Leben zu tun, was ja so nicht stimmen kann, denn das Leben findet ja nicht nur außerhalb der Arbeit statt. Arbeit soll auch einen erfüllenden Charakter haben und nicht negativ ausgegrenzt werden. Was macht der Mensch ohne Arbeit? Gerade als junger Mensch braucht man eine sinnerfüllende Aufgabe und daher zähle ich Arbeit zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Speziell die Arbeit an der Volkshochschule ist erfüllend, weil man dadurch die Lebenssituation anderer Menschen verbessern kann. 

Christine Teuschler: Vergessen sollte man nicht, dass es unsere Kursleiter/innen verglichen mit dem Schulbereich, bei uns mit Freiwilligen zu tun haben. Allerdings gilt es schon, diese zu motivieren und bis zum Abschluss bei der Stange zu halten, zumal es auch bei uns eine drop out Quote gibt, da wir niemanden zwingen können weiterzumachen. Es liegt daher an der Kursleitung diese Quote niedrig zu halten.

Ursula Foki: Diesbezüglich möchte ich ein sehr positives Beispiel erwähnen, das mir eine Frau vor kurzem erzählt hat. Sie war noch sehr jung als sie 2017 bei uns einen Pflichtschulabschlusslehrgang absolvierte. Danach bestand sie in Oberschützen die Matura und beginnt jetzt mit dem Studium der Molekularbiologie. Sie hat das alles mit ihrem Bruder gemacht, der jetzt beginnt, Medizin zu studieren. Doch damit nicht genug, absolvierte dann auch ihr Papa den Pflichtschulabschluss und letztlich befindet sich nun auch die anfangs skeptische Mama in so einem Kurs. Diese Familie stammt ursprünglich aus Afghanistan und hat den hohen Stellenwert der Bildung erkannt. Und genau das ist Integration. 

Christine Teuschler: Das sind schon super Geschichten, die zeigen, welch große individuelle Chancen die VHS für die gesamte Familie und für Jung und Alt bieten. 

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Jung & alt

SCHNAPPEN.AT: Wie sieht die Aufteilung der Kursteilnehmer/innen in Hinsicht auf jung und älter bzw. männlich und weiblich aus?

Ursula Foki: Durch die Projektarbeit haben wir natürlich jüngeres Publikum bekommen, aber wenn wir von den VHS-Klassiks sprechen, sind die ganz Jungen nicht dabei. Geschlechtsspezifisch hängt es vom Angebot ab. So ist der Bewegungsbereich eindeutig weiblich dominiert, aber Männer sind natürlich auch sehr willkommen. 

Christine Teuschler: Der zweite Bildungsweg ist nach wie vor noch mehr männlich dominiert, mit der Betonung auf noch, denn da holen die Frauen stark auf. Das Verhältnis liegt hier aktuell bei 70% Männer und 30% Frauen, während es im Bewegungsbereich 90% Frauen und 10% Männer sind. Im Sprachenbereich sind ebenfalls die Frauen in der Überzahl, aber mit 68% nicht ganz so stark. 

Zukunft der VHS

SCHNAPPEN.AT: Was wünschen sie sich für die Zukunft der VHS?

Ursula Foki: Dass unser Kursangebot weiter gut angenommen wird, weil wir sehr bedürfnisorientiert und regional arbeiten. Und, dass wir Menschen weiter so ansprechen, dass sie gerne zu uns kommen. Gemeinsam mit unseren Projektschwerpunkten wollen wir auch künftig garantieren, für alle einen flächendeckenden Zugang zur Bildung im Burgenland zu bieten. Und ich wünsche mir, dass wir dazu auch weiterhin die entsprechenden Mittel zur Verfügung haben. 

Christine Teuschler: Mir ist es ganz wichtig, unsere Tradition, rasch auf gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen reagieren zu können, zu erhalten. In der Vergangenheit konnten wir oft beweisen, wie wichtig es uns ist, den Menschen jeder Zeit Perspektiven, Orientierungs- und Handlungsmöglichkeiten zu geben. Das sollte weiter die Mission der Volkshochschulen sein. 

Ursula Foki: Es ist nämlich wissenschaftlich erwiesen, wie sehr sich lebenslanges Lernen positiv auf die politische und gesellschaftliche Teilhabe im Zuge des Zusammenlebens auswirkt. Und wirklich gut ist, dass sich diese positive Wirkung unabhängig vom Inhalt des Erlernten auswirkt, sondern allein schon das Lernen an sich und der Input neuer Impulse dazu führen. 

Christine Teuschler: Die individuelle Stärkung macht uns auch insgesamt als Gesellschaft stärker. Das sollten unsere Verantwortungsträger/innen in der Politik nie aus den Augen verlieren. 

Ursula Foki: Auch angesichts der allgemeinen Teuerung darf es nie so weit kommen, dass sich Teilnehmer/innen Kurse nicht leisten können, obwohl sie lernen wollen!

 

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